„Text“ von Dmitry Glukhovsky – Eine Buchvorstellung
„Text“ von Dmitry Glukhovsky – Eine Buchvorstellung
von Emil Herrmann
Der Techno-Thriller des russischen Top-Autoren Glukhovsky, der vor allem für seine Science-Fiction-Reihe Metro international bekannt ist, spielt im Herbst 2016 in Moskau. Der Protagonist dieser düsteren und packenden Geschichte ist Ilya, ein 27-jähriger vom Leben gebeutelter Mann der zum Anfang des Romans aus dem Straflager in seinen, in der Peripherie Moskaus gelegenen Heimatort zurückkehrt. Im Straflager saß Ilya unschuldig, wegen eines korrupten Drogenfahnders. Denn eigentlich lief in Ilyas Leben alles wie geplant. Er war ein guter Student an der Moskauer Staatsuniversität, der eine stabile und vernünftige Zukunft vor sich hatte. Bis zu jenem Sommerabend in einer Moskauer Diskothek, die er mit seiner Freundin und ein paar Kumpels besuchte. An diesem Abend fand dort eine groß angelegte Drogenrazzia statt. Während dieser Razzia wurde Ilya vom Drogenfahnder Petja eine verbotene Substanz untergejubelt als er versuchte seine Freundin Vera, die von Petja angegriffen wurde zu verteidigen. Das Päckchen mit der verbotenen Substanz zog Ilya schließlich für sieben Jahre rein in das Straflager und raus aus seinem Leben.
Während der Zeit im Knast verfolgt Ilya via Social Media immer weiter das Schwein wie er Petja, den Drogenfahnder nennt und schwört sich Rache zu nehmen. Als Ilya endlich wieder freikommt und in seinen Heimatort zurückkehrt ist nichts mehr wie es einmal war. Vera hat ihn sowieso schon lange verlassen doch zu allem Überfluss muss Ilya nun auch noch feststellen, dass seine Mutter nur einige Tage vor seiner Rückkehr verstorben ist. Er ist verzweifelt, sucht Petja auf, versucht ihn in eine Falle zu locken und ersticht ihn im Affekt. Dann schnappt er sich das Smartphone seines Opfers und beginnt von nun an Petjas Nachrichten zu lesen und seiner Freundin und Familie zu schreiben. Dabei verstrickt er sich immer tiefer in das Leben des toten Drogenfahnders, der Beziehung zu seiner Freundin und dem verkorksten Verhältnis zu seinen Eltern. In seinem eigenen Leben versucht Ilya parallel dazu seine Mutter zu beerdigen und irgendwie ein Weg aus dem Schlamassel zu finden, das ihn umgibt.
Der Roman nimmt den Leser mit auf eine emotionale Reise in das geschädigte, von Schicksalsschlägen geprägte aber immer wieder mit Hoffnung gefüllte Innenleben seines Protagonisten und illustriert dabei packend und sehr bildhaft das Moskau dieser Jahre, mit all seinen vielfältigen Schichten zwischen dem verarmten, gebrandmarkten Ex-Knasti Ilya und dem Milieu rund um den korrupten Drogenfahnder Petja. Die ständigen Exkurse des Romans in das Smartphone Petjas, durch das sich Ilya ein verrücktes Doppelleben aufbaut und Petjas Lebens rekonstruiert, bieten eine spannende und sehr moderne Perspektive. Dank der sehr malerischen und romantischen, aber dennoch nicht kitschigen Schreibweise Glukhovskys, schafft es der Roman eine lebhafte und gut nachfühlbare Atmosphäre zu schaffen, die Leserinnen und Leser in seinen Bann zieht und nicht mehr loslässt. Text fühlt sich an wie ein Drama und Thriller zugleich, eingebettet in den gesellschaftlichen Kontext des modernen Russlands beziehungsweise Moskaus.