09. Mai 2021 – 76 Jahre Kriegsende
Heute, am 09. Mai, wird in Russland und den postsowjetischen Staaten wie Belarus bis hin nach Armenien der Sieg über den Zweiten Weltkrieg (oder der Große Vaterländische Krieg, wie er in Russland heißt) und vor allem das Ende des Faschismus gefeiert.
Ich werde nie vergessen, wie ich in der 10. Klasse für einen Schüleraustausch nach Kirov in Russland gefahren bin. Nach einer langen Zugfahrt wurden wir von unserer Gast-Klasse sowie dem Kirover Fernsehen erwartet. Für die einst in der Sowjetunion geschlossene Stadt war unser Besuch etwas Besonderes – nicht zuletzt, weil wir die erste ausländische Gruppe waren, die diese Stadt besuchte.
Wie der Zufall es wollte, waren wir über den 9. Mai angereist. Damals konnten wir noch nicht ganz ermessen, welche Bedeutung die Teilnahme von uns aus Deutschland kommenden Schülerinnen und Schüler an der Parade hatte. Wir durften mit der russischen Klasse mitlaufen, haben den Veteranen die typischen roten Nelken geschenkt und hatten sehr viel mediale Aufmerksamkeit auf dem Weg bis zum ewigen Feuer. Das Georgs-Bändchen liegt bis heute in meiner Schublade.
Durch mein Studium hatte ich die Gelegenheit in Russland zu studieren und nach meinem Bachelor für ein halbes Jahr dort zu leben. Und so habe ich 2019 erneut eine Sieges-Parade miterlebt, dieses Mal in Kaliningrad. Das sind Momente, die sich ins Gedächtnis einprägen. Es ist auch ein Gefühl von Versöhnung, als Deutsche einer solchen Parade beizuwohnen.
Der Tag des Sieges am 09. Mai ist seit 1965 ein gesetzlicher Feiertag in der UdSSR. Bis heute wird der Siegestag in den Ländern Russland, Belarus, Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Kasachstan, Kirgistan, Moldau und Serbien als einer der wichtigsten Nationalfeiertage gefeiert. In der Ukraine wird am 08. Mai der Opfer des Krieges gedacht.
1.418 Tage hat der Große Vaterländische Krieg gedauert, in dem ca. 27 Millionen Menschen der Sowjetunion ihr Leben ließen.
Die Feierlichkeiten werden in Russland mit großen Militärparaden durch russische Städte begangen. Auch in diesem Jahr, 2021, werden die größten davon in Moskau und St. Petersburg stattfinden, weitere werden in insgesamt 377 Städten und Ortschaften organisiert. Geplant sind dafür 47.000 Menschen für die Paraden, ca. 1.600 Einheiten der Militärtechniken sowie über 200 Flugzeuge und Hubschrauber, die zum Einsatz kommen sollen.
Wichtige Menschen an diesem Tag sind die Veteranen. Sie stehen am Rande der Parade und werden geehrt. Sie werden in Moskau von dem Präsidenten persönlich begrüßt und zum Tag des Sieges beglückwünscht.
Rote Nelken sind an diesem Tag das Symbol für den Tag des Sieges. Sie stehen für Tapferkeit, Freiheit und den Sieg. Verschenkt man diese an einen Veteranen, legt sie an dem Grab eines gefallenen Soldaten oder am Ewigen Feuer zum Gedenken der Opfer des Krieges nieder, ist das ein Zeichen für Anerkennung und Gedenken. Ein weiteres Symbol des Siegestages ist das schwarz-orangefarbene Georgs-Bändchen, was in Russland Wochen vor dem 09. Mai in Supermärkten oder anderen öffentlichen Plätzen verteilt wird.
Wir in Deutschland sind solche großen Militärparaden nicht gewohnt, von der Mehrzahl der Bevölkerung wird es auch eher kritisch betrachtet- und doch fragt man sich mit Blick auf die Geschichte, warum der 08. Mai hier in Deutschland kein offizieller Nationalfeiertag ist. Denn es geht dabei auch darum, zu erinnern und nicht zu vergessen. Nur dadurch können wir verhindern, dass sich eine solche Tragödie wiederholt.
Live zu verfolgen ist die Parade hier: https://www.1tv.ru/shows/den-pobedy (russischer livestream).
Anna Winkelmann