Alexander Sergejewitsch Puschkin und die russische Sprache
Der 6.Juni 2020. Nicht nur der Geburtstag des großen russischen Dichters Alexander Sergejewitsch Pushkin, sondern auch der Tag der russischen Sprache. Pushkin gilt als Begründer der modernen russischen Literatursprache und verleiht dieser, in seinen Werken, das Abbild der russischen Seele und der slawischen Welt.
Es ist wohl nicht nur die Fülle und Tiefe der russischen Sprache, die sie zu einer der meist übersetzten macht, sondern vielmehr die literarische Meisterleistung von Dichtern und Autoren wie Pushkin, Tolstoi, Gogol, Bulgakow und Dostojewksi – um nur einige wenige zu nennen.
Doch wer war Alexander Sergejewitsch Pushkin? Ein Einblick in das Leben und Wirken eines Meisters
von Anna Luisa Winkelmann
Im Jahr 2011 wurde sein Geburtstag zum Tag der Russischen Sprache erklärt. Warum? Puschkin gilt als Urvater der modernen russischen Literatur, kein anderer übte einen vergleichbaren Einfluss auf die Entwicklung der russischen Schriftsprache aus. Er verfasste über 700 lyrische Gedichte, eine Vielzahl an Erzählungen, Dramen und Kurzgeschichten. Zudem schrieb der Dichter über 800 Briefe und bearbeitete russische Märchen, die jedes Kind in Russland kennt. Dabei lag die Intention Puschkins darin, mit möglichst einfachen Worten möglichst viel auszudrücken. Dadurch zeichnet sich die russische Dichtung auch heute noch durch Klarheit und Einfachheit in der Sprache aus.
Bereits 221 Jahre ist es her, dass der große russische Nationaldichter am 06. Juni 1799 in Moskau geboren wurde. Dort wuchs er als zweites Kind von fünf bei einer altadeligen Familie auf, bis er im Jahre 1811 eine Elite-Schule in Zarskoje Selo, nahe St. Petersburg, besuchte. Auf dem Lyzeum begann sein literarischer Werdegang, bereits mit 15 Jahren wurde sein erstes Gedicht in Moskau veröffentlicht. Nachdem er 1817 den Abschluss erwarb, bekleidetet er ein Amt im Staatsdienst, welches er in St. Petersburg für das Außenministerium des russischen Reiches, „Kollegium für auswärtige Angelegenheiten“ ausführte.
Puschkin liebte die kulturelle Vielfalt der Stadt und ging oft ins Theater. Der Dichter wurde in die Petersburger literarische Gesellschaft Arsamas aufgenommen, die sich unter anderem für die Weiterentwicklung der russischen Hoch- sowie Schriftsprache einsetzte. Außerdem wurde er Mitglied der Literatur- und Theatergemeinschaft „Grüne Lampe“. Diese wurde von den Anfängen der Dekabristenbewegung beeinflusst. Puschkin nahm zwar nicht selber aktiv an dem Wirken der Dekabristen teil, unterhielt aber enge Freundschaften zu einigen Mitgliedern.
Im Jahr 1820 entkam er der Verbannung nach Sibirien, nachdem er in einigen Gedichten über Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens sowie den Kriegs- und Bildungsminister spottet. Dank einflussreicher Freunde konnte er diesem Schicksal entgehen.
In den nächsten vier Jahren reiste der gebürtige Moskauer viel und lebte vor allem in den südlichen Städten Russlands, in Odessa, Kischinjow und Kamjanka. Zu dieser Zeit begann er auch mit einem seiner bekanntesten Werke, „Eugen Onegin“, welches er erst im Jahr 1830 abschloss.
Im gleichen Jahr lernte er seine zukünftige Frau, Natalja Gontscharowa, kennen, die ihm vier Kinder schenkte.
Vor seiner Ehe wurde er auf das Gut seines Vaters verbannt, weil er in einem Brief mit dem Atheismus sympathisierte. In dieser Zeit hatte er einen großen Schaffensdrang, trotz der Einsamkeit, mit der dort er konfrontiert war.
Nikolaus I. holte den Dichter 1826 zurück nach St. Petersburg, allerdings wurde sein Schaffen persönlich vom Zaren kontrolliert und der Dichter unterlag der strengen Beobachtung des Hofes.
Puschkin sehnte sich nach seiner Unabhängigkeit und einem freien Leben als Autor. Ein kleiner Lichtblick war für ihn die Literaturzeitschrift „Der Zeitgenosse“, die er 1836 herausgab.
Alexander hatte einen Hang zu Duellen, wie er es auch oft in seinen Erzählungen beschreibt. Gleichzeitig ist es auch Inhalt seiner Erzählung „Eugen Onegin“. Ironischerweise wurde ihm genau das zum Verhängnis. Während eines Duells mit Georgs-Charles de Heeckeren d´Anthés französischer Offizier und Politiker sowie Puschkins Schwager, erlag er der schweren Schussverletzung und starb mit nur 37 Jahren am 10. Februar 1837. Grund für das Duell war das allseits bekannte Interesse des Offiziers an Natalja.
Das erste Denkmal Puschkins wurde in Moskau, 43 Jahre nach seinem Tod, in Moskau errichtet. Die Stadt in der er geboren wurde und welcher er bis zu seinem frühen Tode stets verbunden blieb. Erst 23 Jahre nach dem Tod des Dichters genehmigte Alexander II den Bau des Denkmals. Bis zu dem Zeitpunkt hatte es im Russischen Reich nur Denkmäler von Zaren und Soldaten gegeben. Allerdings beteiligte sich der Staat nicht an den Kosten für die Installation. Und so sammelte die Bevölkerung 20 Jahre lang Geld um eine Statue ihres geliebten Dichters aufstellen zu können. Nach eine Ausschreibung wurde dem russischen Bildhauer Alexander Michailowitsch Opekuschin aufgetragen die Statue anzufertigen, die 1880 fertig stellte.
Seit dem treffen sich die Moskauer und Touristen der Stadt am 06. Juni zu seinem Geburtstag an dem Denkmal, sie feiern ihn, reden über Puschkin und Russland.
Zu Ehren des Dichters wurde auch das Lyzeum nach seinem Tode nach ihm benannt. So trägt auch der Puschkin-Platz, an dem das Denkmal steht, seinen Namen. Im Jahr 2018 bekam der Flughafen Sheremetyevo in Moskau den Namen des weltbekannten Nationaldichters und nennt sich seitdem Sheremetyevo International Airport – Alexander Pushkin.
In dem Sinne, alles Gute zum Geburtstag, Herr Puschkin!
Exegi monumentum (1836)
Я памятник себе воздвиг нерукотворный,
К нему не заростет народная тропа,
Вознёсся выше он главою непокорной
Александрийского столпа.
Нет, весь я не умру – душа в заветной лире
Мой прах переживет и тленья убежит –
И славен буду я, доколь в подлунном мире
Жив будет хоть один пиит.
Слух обо мне пройдёт по всей Руси великой,
И назовёт меня всяк сущий в ней язык,
И гордый внук славян, и финн, и ныне дикой
Тунгуз, и друг степей калмык.
И долго буду тем любезен я народу,
Что чувства добрые я лирой пробуждал,
Что в мой жестокой век восславил я Свободу
И милость к падшим призывал.
Веленью божию, о муза, будь послушна,
Обиды не страшась, не требуя венца,
Хвалу и клевету приемли равнодушно,
И не оспоривай глупца.
Exegi monumentum (1836)
Ein Denkmal schuf ich mir, kein menschenhanderzeugtes,
Des Volkes Pfad zu ihm wird nie verwachsen sein,
Und höher ragt sein Haupt empor, sein nie gebeugtes,
Als Alexanders Mal aus Stein.
Nein, gänzlich sterb‘ ich nicht: die Seele lebt im Liede
Noch fort, wenn ihr den Staub dem Staube übergebt,
Und preisen wird man mich, solange noch hienieden
Auch nur ein einz’ger Dichter lebt.
Mein Ruf dringt bis ans End‘ der russischen Gefilde
Und hallt von jedem Stamm, der sie bewohnt, zurück:
Mich nennt der Slawe stolz und auch der heut noch wilde
Tunguse, Finne und Kalmück.
Und lange wird vom Volk mir Liebe noch erwiesen,
Weil mein Gesang erweckt Gefühle echt und tief,
Weil ich in grauser Zeit die Freiheit kühn gepriesen
Und Gnade für Gestürzte rief.
Gehorsam, Muse, sei dem göttlichen Befehle,
Die Kränkung fürchte nicht, verlange keinen Kranz,
Lob und Verleumdung trag mit ungerührter Seele
Und rechte nicht mit Ignoranz.
(Aus dem Russischen von Rolf-Dietrich Keil)