Buchrezension: „Robert McCammon – Wolf’s Hour“ Band 1 und 2
Buchrezension: „Robert McCammon – Wolf’s Hour“ Band 1 und 2
16. Dezember 2016, von Anastasia Kondratieva
Wolf’s Hour ist ein Leckerbissen für alle Thriller- und Horrorfans.
Robert McCammons erster Roman »Baal« erschien 1978. Bis 1992 folgten 11 weitere, mit denen er einer der erfolgreichsten Autoren des Booms der US-amerikanischen Horrorliteratur wurde.
Mit dem Zweiteiler „Wolf’s Hour Verwandlung & Berserker“ liefert der Bestsellerautor seinen Lesern einen ausgewogenen Roman mit einer historischen Note, ohne sich der üblichen Klischees zu bedienen.
Der Autor versetzt uns in die Zeit des Zweiten Weltkriegs an diverse Kriegsschauplätze. Die Handlung spielt sich in Nordafrika, Deutschland, Frankreich und in Russland, dem Herkunftsland von Michael Gallantin, ab. Der russische Immigrant Gallantin lebt in Wales und arbeitet für den britischen Geheimdienst. Wie der Buchtitel schon andeutet, ist er nicht nur ein Spion, sondern auch noch etwas anderes…
Die Mission des Spions ist es für die Alliierten an wichtige Informationen zu kommen – Hitlers Wissenschaftler sollen an einer geheimen Wunderwaffe arbeiten, die den Ausgang des D-Days enorm beeinflussen könnte. Um das Geheimnis um die Pläne der Nazis zu lüften, kämpft er sich von Nordafrika bis nach Berlin durch. Seine übernatürlichen Fähigkeiten retten ihm auf dieser gefährlichen Mission immer wieder die Haut. Gelegentlich begleiten ihn Freunde des britischen Geheimdienstes, oftmals sind es mysteriöse und verführerische weibliche Agentinnen. Aufgrund seiner animalischen Aura können sich die Frauen seinem Bann nur schwer entziehen. Diesen Passagen widmet sich der Autor mit besonderer Sorgfalt – jede Berührung wird detailliert beschrieben, der Leser bekommt alles mit, von flüchtigem Blickkontakt bis hin zum Rhythmus des Pulsschlags.
Die Gegner von Michael Gallantin sind skrupellose Machthaber – darunter ein sadistische Jäger oder ein hochrangiger Offizier, der das Naziregime verinnerlicht hat und keine Achtung vor der Würde des Menschen hat. Nach Außen hin scheinen es gebildete und umgängliche Menschen zu sein, doch die Fassade fängt schnell an zu bröckeln. Grausame Folter, Rücksichtslosigkeit, Erniedrigung und kaltblutiger Mord stehen ganz oben auf dem Tagesprogramm dieser Herren. Die temporeich beschriebenen Kämpfe zwischen Michael und den Deutschen sind fesselnd und gehen einem förmlich unter die Haut. Man spürt die körperlichen Leiden der Charaktere. Diese Teile des Buches sind schwer verdaulich und daher nichts für Dünnhäutige.
Inmitten der Geschehnisse um das Jahr 1940 blendet McCammon Rückblicke in die Vergangenheit der Hauptfigur ein – der Leser lernt sein Wesen kennen und baut eine Beziehung zu ihm auf. Als Kind hatte Gallantinow ein unbeschwertes Menschenleben. Zusammen mit seinen Eltern und seiner Schwerster lebte er in einem Haus auf dem russischen Lande. Bei einem Familienpicknick am See wird die Familie überfallen, der kleine Michael flüchtet in die Wälder wo ihn ein Rudel Werwölfe finden und zu einem von ihnen macht. Seit diesem Tag trägt Michael einen inneren Kampf in sich aus – der Kampf zwischen Bestie und Mensch.
Der Roman zeichnet den Werwolf als einen Nobelmann mit einem festen Kodex, jedoch geplagt von Zweifeln: „Kein Mensch, kein Tier – was bin ich? Und was ist ein Lykanthrop in den Augen Gottes? Eine Seuche oder ein Wunder?“.
Durch die Geschichte zieht sich die Grundfrage nach dem Bösen: Ist der Wolf eine brutale und unbarmherzige Kreatur oder ist es doch der Mensch?
Wolf’s Hour von McCammon ist ein rundum gelungenes Werk, das die historischen Ereignisse aus einem neuen Blickwinkel aufarbeitet und dabei zu keiner Zeit an Spannung verliert.
Der Bestseller ist beim Festa-Verlag online bestellbar:
Wolf’s Hour Band 1: Die Verwandlung
Wolf’s Hour Band 2: Berserker