Katja Fedulova: „Der Patriot“
Katja Fedulova: „Der Patriot“
Eine Filmrezension
30. Oktober 2018, von Lea Seitz
„Wer tanzt besser als alle Twister und Rock’n’Roll, wer spielt besser als alle Elvis Presley auf der Gitarre?“ fragt die Band Bravo in ihrem Song und immer wieder lautet die gleichbleibende Antwort: „Natürlich Wassja“.
Und ganz genau um so einen alleskönnenden Wassja geht es in dem Film „Der Patriot“ von Katja Fedulova, um Wassilij Wlassow nämlich, weshalb ihr Film auch mit eben diesem Lied beginnt. Gleichzeitig sieht man Wlassow in Aktion: Beim Angeln. Beim Händeschütteln. Beim Wahlkampf.
Wassilij Wlassow ist mit 22 Jahren der jüngste Angeordnete der Duma. Er ist Leiter der Jugendorganisation der LDPR (Liberal Demokratische Partei Russlands), aber auch Schützling sowie Assistent von Wladimir Schirinowski, dem „Trump Russland“, Gründer und Vorsitzenden der LDPR. Regisseurin Katja Fedulova hat Wassilij Wlassow durch den russischen Wahlkampf 2018 begleitet.
Wassilij Wlassow sitzt an einem gewaltigen Schreibtisch aus massivem Holz, auf dem sich neben Aktenordern und einem Wecker auch zwei Flaggen – die Russlands und die der LDPR – befinden. Er wähnt sich ungefilmt. Richtet sich die Haare vor dem großen Auftritt. „Zählen Sie auf drei und stellen sich dann vor“, ist die Anweisung, und Wasilij beginnt zu zählen „eins, zwei, drei“ – nicht im Kopf, sondern laut.
Zwar spielen Frauen in diesem Film nicht die Hauptrolle, wie etwa im 2017 erschienen und preisgekrönten Dokumentarfilm „Drei Engel für Russland ? Glaube, Liebe, Hoffnung“ Katja Fedulovas. Dennoch dreht sich auch in „Der Patriot“ vieles um deren Stellung im heutigen Russland.
Im Gespräch über sexuelle Belästigung von Frauen schildert ein Parteigenosse Wlassows, dass Frauen sich ja auch begehrt vorkommen möchten. Der jüngste Dumaabgeordnete bringt daraufhin an:
„Ich kenne eine Frau, 60, sie ist Abgeordnete und geht zu Beginn jeder Sitzung durch die Reihen und begrüßt, umarmt und küsst bekannte Gesichter.“ Diese, so Wasilij Wlassow, sollte man doch eher wegen sexueller Belästigung verklagen.
Wie wohl auch der alleskönnende Wassja im Song, verfügt Wassilij Wlassow über ein „gesundes Selbstbewusstsein“. Auf die Frage, ob er Präsident werden wolle, antwortet er: „2030 werde ich 35. Davor wird sich in Russland nichts ändern“. Das kann man sich leicht erklären, schaut man sich eine der nächsten Szenen an:
Zuhause bei Wlassow gibt es Kaffee und Kuchen. Mit am Tisch sitzt seine Parteigenossin und feste Freundin Ekaterina, die ebenfalls gerne kandidieren würde. Seine Mutter ist zu Besuch und berichtet von der Geburt ihres Kindes: „Ich las vorher viele Ratgeberbücher und sie betonten alle, dass es wichtig sei, das eigene Kind mit einem kritischen Blick zu betrachten. Also beschloss ich, das bei Wlassow zu tun. Doch selbst mit kritischem Blick war mir klar: Er ist einfach der Beste von allen. Und auch mit Ekaterina haben wir so ein Glück, es ist toll, dass sie erst etwas beruflich erreichen will, um dann in ihrer eigentlichen Bestimmung aufzugehen: der Heirat und der Kindererziehung.“
Dem Film gelingt ein wundervoller Spagat: Ohne offensichtlich zu kommentieren zeichnet er einerseits ein umfassendes Porträt Wlassows, andererseits schafft er es aber auch, klar Haltung gegen dessen chauvinistischen und diskriminierenden Kommentare zu beziehen.
Ab 18! – der Patriot
Dokumentarfilm von Katja Fedulova
Deutschland 2018
35 Minuten
Redaktion: Udo Bremer