Kinderliteratur auf Russisch und Ukrainisch in der Berliner Bibliothek “Totschka”
Svetlana Schwald, ehemalige Investmentmanagerin, studierte Kulturmanagerin und Lada Pamukhina, ausgebildet in Public Administration, Projektmanagerin und Entrepreneurin- beide aus Moskau, haben die Kinder- und Jugendbibliothek “Totschka” mit russischsprachiger und bald auch ukrainischsprachiger Literatur in Berlin ins Leben gerufen. Kulturportal war am 19. Februar 2022 bei einer Lesung für Kinder ab 6 Jahren dabei. Den Kindern wurde lebhaft aus verschiedenen russischsprachigen Kinderbüchern zum Thema “Museum” vorgelesen.
Wir haben mit den Gründerinnen über ihre Idee, das Projekt und ihre Ziele mit der Bibliothek gesprochen.
- Wie sind sie darauf gekommen, eine Bibliothek mit russischer Kinderliteratur zu gründen?
Svetlana: Ich bin seit der Kindheit ein großer Fan von Bibliotheken. In Berlin war ich gleich von den öffentlichen Bibliotheken als Ort, an dem man den Leuten und der Literatur begegnen kann, fasziniert. Mit meinen Kindern und für Recherchen gehe ich regelmäßig in die Bibliothek. Dabei ist mir aufgefallen, dass die Auswahl der russischsprachigen Kinderbücher sehr gering ist und auch nicht für alle Altersgruppen Bücher vorhanden sind. Nach einigen Monaten ist dann schon alles von der vorhandenen Auswahl durchgelesen. Das fand ich schade. Wir kennen viele russischsprachige Familien in Berlin, die gerne ihren Kindern vorlesen oder mit ihnen zusammen lesen. Bei Gesprächen in meinem Freundeskreis bin ich zum Ergebnis gekommen, dass es mit großem Aufwand verbunden ist, an russischsprachige Kinderbücher zu gelangen. In dieser Phase habe ich nach weiteren Eltern gesucht, die sich für Bücher begeistern und bin so auf Lada gestoßen. Zusammen haben wir die Idee weiterentwickelt und den Raum gefunden, in dem wir jetzt die Bibliothek eröffnen werden. Die Künstler*innen mit denen wir uns diesen Raum teilen können, waren sehr begeistert von der Idee und haben uns seitdem großartig unterstützt.
- Sie eröffnen bald die Bibliothek. Wie sind Sie von der Idee bis zu der Realisation gekommen?
Lada: Unsere Idee war es, erst finanzielle Mittel zu sammeln und dann alles Nötige für die Ausstattung der Bibliothek zu kaufen. Das war beim ersten Anlauf nicht unbedingt erfolgreich. Also haben wir beschlossen, allen Freunden und potentiellen Unterstützer*innen von unserem Projekt zu erzählen und sie einzuladen. Wir waren sehr überrascht, wie schnell und mit einfachen Mitteln ein solches Projekt ins Leben gerufen werden kann.
- Welche Schwierigkeiten gibt es bei der Beschaffung der Bücher?
Svetlana: Keine großen, um ehrlich zu sein. Jede Familie hat zu Hause schöne Bücher, aus denen die Kinder rausgewachsen sind oder die den eigenen Kindern zu Hause nicht gefallen. Die Eltern freuen sich, wenn sie diese Schätze dann auch an andere Kinder weitergeben können, indem sie diese an eine Bibliothek spenden können. Lada und ich besitzen beide eine große Sammlung an Kinderbüchern, die werden wir selbstverständlich auch spenden. Zudem haben wir mittlerweile Bücherspenden auch über die Verlage bekommen. Das war natürlich auch sehr angenehm, weil die Bücher ganz neu sind.
Wir können ca. 2000 Titel in diesen Räumen unterbringen. Wenn es so viel mehr Bücher geben wird, müssen die übrigen in einem Lager aufbewahrt werden.
- Können die Kinder die Bücher auch ausleihen und mit nach Hause nehmen?
Lada: Auf jeden Fall. Derzeit arbeiten wir noch daran, das nötige System und die Software dafür zu installieren. Wenn es dann so weit ist, darf jedes Kind erstmal maximal fünf Bücher ausleihen und mit nach Hause nehmen. Da wir nicht so viele Bücher haben, müssen wir die Anzahl natürlich erstmal begrenzen. Vor allem die Kinder sollen sich ja über neue Bücher freuen- und wenn diese nicht käuflich erworben werden müssen, ist das doch auch ein Gewinn für die Eltern.
- Ist bis zur Eröffnung im Sommer noch viel zu tun?
Svetlana: Wir werden weiter Veranstaltungen organisieren. Das ist der beste Weg, um möglichst viele Eltern zu erreichen und auch die zukünftigen Nutzer*innen kennenzulernen. Wichtig wird jetzt die Fundraising-Kampagne, die wir im Frühling starten wollen. Von dem gesammelten Geld kaufen wir die Bücherschränke, neue Bücher je nach Bedarf und können die Miete bezahlen. Fundraising ist außerdem für die Aufmerksamkeit für unser Projekt sehr wichtig. Es geht dabei viel um Kommunikationsarbeit, bei der wir anderen von der Bibliothek erzählen und versuchen, neue Kooperationsprojekte mit Schulen, Kitas und Vereinen zu entwickeln. Wenn die Fundraising-Kampagne erfolgreich war, können wir im Sommer, bzw. Zum Ende der Sommerferien offiziell die Bibliothek eröffnen.
- Welches Ziel verfolgen Sie mit der Eröffnung der Bibliothek?
Lada: Die Bücher für die Kinder und Eltern zugänglich zu machen. Für die Eltern ist es immer wieder schön, neue Verlage und Bücher kennenzulernen. Unsere Expertise kann ihnen viel eigene Arbeit abnehmen. Uns ist auch wichtig herauszufinden, welche Themen gerne von den Kindern gelesen werden. Sind Roboter interessant oder künstliche Intelligenz, oder das Erleben von Poesie? Den Kindern möchten wir natürlich den Raum geben, hier zu lesen und zu spielen. Diese erste Phase ist für uns ganz wichtig, um zu verstehen, was wichtig dafür ist. Wie stellen wir uns zeitlich auf. Behalten wir das derzeitige Sonntagsformat bei, oder brauchen wir mehrere Tage in der Woche für die Bibliothek? Ein großes Ziel ist natürlich ein eigener Raum, indem wir uns grenzenlos und ohne Beschränkungen entfalten können.
- Wie nehmen die Kinder die Bücher/Workshops und generell das Angebot auf?
Svetlana: Die Kinder gehen da ganz lebendig ran. Zurzeit dürfen die Kinder die Bücher noch nicht ausleihen, weil wir dafür noch an dem Ausleihsystem arbeiten. Und das macht sie dann natürlich auch ein bisschen traurig, weil sie die noch nicht mit nach Hause nehmen dürfen. Auch unter der Woche, wenn die Künstler*innen ihre Workshops mit den Kindern durchführen, freuen die sich richtig darüber, dass der Raum jetzt gefüllt ist mit Büchern und Beschäftigen sich dann auch damit.
- Wie erfahren die Eltern von der Bibliothek und den Veranstaltungen?
Lada: Wir nutzen hauptsächlich die Kanäle Facebook und Instagram. Es gibt auch eine Website, die ist aber noch nicht in aktivem Gebrauch. Wir machen auch noch einen Info-Kanal über Telegramm mit den Informationen über die Veranstaltungen der Bibliothek für diejenigen, die zum Beispiel Facebook und Instagram nicht benutzen.
- Sammeln Sie auch Spenden in Form von Buchspenden?
Svetlana: Bücher immer sehr gerne. Aber auch zum Beispiel Expertise. Wir suchen immer Menschen, die uns bei bestimmten Aufgaben helfen können, wie Texte schreiben, Grafiken designen, Veranstaltungen konzipieren, Medienbestand verwalten, Anträge schreiben. So ein Projekt kostet viel Arbeit und je mehr Menschen sich gerne daran beteiligen, umso leichter wird es. Als gemeinnützige Initiative sind wir in unserer Arbeit auch auf die finanzielle Unterstützung angewiesen und sind für all die Spenden sehr dankbar. Außerdem suchen wir nach den Sponsoren und Förderern.
Weitere Informationen finden Sie hier.
„Totschka“ finden Sie auch auf Instagram, Facebook und Telegram.
Haben Sie herzlichen Dank für das Interview. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg bei der Umsetzung Ihrer Pläne.
Das Interview führte Anna Luisa Winkelmann