Gemeinsames Schreiben vom Deutschen Russischlehrerverband e.V. und vom Deutsch-Russischen Forum e.V. an das Auswärtige Amt: Unterzeichnende nutzen Gelegenheit, die Bedeutung der russischen Sprache in Europa und in der Welt vor allem in den jetzt schwierigen, eskalierenden Kriegs- und Krisenzeiten aufzuzeigen.
An das Referat Russland, Belarus, und östliche Partnerschaft
Auswärtiges Amt
Werderscher Markt 1
10117 Berlin
Berlin, im Juli 2023
Die Vermittlung der russischen Sprache ist eine tragende Säule der Arbeit des Deutsch-Russischen Forums e.V.. Der Russischlehrerverband wiederum vereint das Know-How über die russische Sprache durch deren Mitglieder aus der Lehrerschaft deutscher Bildungseinrichtungen. In dieser Vermittlung arbeiten beide Institutionen seit über 15 Jahren erfolgreich und bundesweit und über die Landesgrenzen hinaus zusammen.
Die Unterzeichnenden nutzen die Gelegenheit, die Bedeutung der russischen Sprache in Europa und in der Welt vor allem in den jetzt schwierigen, eskalierenden Kriegs- und Krisenzeiten aufzuzeigen.
Das Russische ist – ungeachtet aller politischer Probleme – eine der in der UNO festgelegten Verkehrssprachen. Für die Länder des slavischen
Sprachraums ist das Russische eine für viele Menschen nutzbare und verstandene Sprache. Durch die reichhaltige Literatur, Kunst und Musik gehört der russischsprachige Bereich zu den großen Kulturkreisen Europas.
Gerade in der Ukraine geborene Autoren wie Gogol und Bulgakow haben ihre Werke auf Russisch geschrieben, eine Tatsache, die auch für Autorinnen und Autoren anderer Länder der ehemaligen Sowjetunion gilt. Ein weiteres Beispiel hierfür ist der in Westeuropa weithin bekannte kirgisische Autor Aitmatow.
Die Sprache Russisch wird in der Bundesrepublik Deutschland von Beginn an als Fremdsprache unterrichtet. Ein früherer Lehrplan des Bundeslandes Hessen für die Sprache Russisch datiert in das Jahr 1957 für die Hauptschule, die Realschule und das Gymnasium. Sukzessive wurde das Curriculum für das Fach Russisch den Anforderungen der modernen Fremdsprachen entsprechend angepasst. Grundsätzlich fallen unter diese Unterrichtssprachen Englisch, Französisch, Russisch Spanisch und Italienisch. In vielen Waldorfschulen wird Russisch neben Englisch von der ersten Klasse an unterrichtet.
Die Anzahl der Menschen mit russisch-sprachigem Hintergrund stieg besonders durch den Zuzug von „Spätaussiedlern“ aus der ehemaligen Sowjetunion in den 1990er Jahren steil an und wurde durch den Zuzug von Bürgerinnen und Bürgern mit jüdischem Hintergrund vergrößert. Außerdem gibt es in Deutschland neben diesen beiden Gruppen Menschen, die ihre Russischkenntnisse in der Schule erworben haben, d. h eine sehr große Zahl Russischsprechender, die bei der Integration von Geflüchteten aus der Ukraine unterstützen können und dies ehrenamtlich tun.
Gerade in der Bevölkerung der Ukraine ist die russische Sprache als zweite Sprache mit familien- und muttersprachlichem Hintergrund weit verbreitet. Dies trifft besonders auf die ostukrainischen Gebiete zu, in denen das Russische und auch eine Mischform zwischen dem Ukrainischen und dem Russischen gesprochen werden. Aber auch in der Westukraine kann man von einer Kommunikationsfähigkeit bezogen auf die russische Sprache sprechen, zumal das Ukrainische, das Weißrussische und das Russische der Gruppe der ostslawischen Sprachen angehören.
Dies bietet den nach Deutschland geflohenen Menschen eine sichere Möglichkeit für eine erleichterte Kommunikation und letztlich einen direkten Weg zur Lebensführung in Deutschland. Das bezieht sich sowohl auf Erledigung von bürokratischen Vorgängen als auch auf Erleichterungen beim Erlernen der deutschen Sprache. Jeder Einzelne nimmt Kommunikationswege auf, um sich in einer fremden Umgebung zu orientieren und um sich integrieren zu können.
Bei aller negativen Bewertung des Handelns der russischen Regierung muss man berücksichtigen, dass die Kontakte mit den baltischen Staaten und den ehemaligen Staaten der Sowjetunion neben dem Englischen auch weiterhin erfolgreich über das Russische funktionieren.
Viele Schülerinnen und Schüler, die sich zeitweise oder auch dauerhaft in Deutschland aufhalten und die damit hier schulpflichtig sind, bringen entweder durch Schuldokumente bestätigte oder durch ihre Kommunikation in den Schulen genutzte Russischkenntnisse mit. Um diese Gruppe erfolgreich in unser Schulsystem eingliedern zu können, sollte derselbe Weg beschritten werden wie seinerzeit bei der Eingliederung der Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler, indem man einen sogenannten Wechsel der Fremdsprachenfolge ermöglicht hatte. Das wäre ein Weg neben der Beschulung durch ukrainische Lehrkräfte, die nicht überall zur Verfügung stehen. Darüber hinaus verfügt Deutschland durch die Zahl von Russischlehrkräften über eine nicht unbeträchtliche Ressource für die erfolgreiche Integration dieser Schülergruppe.
Gern möchten wir die Thematik mit Ihnen in einem persönlichen Gespräch vertiefen und gemeinsam Wege suchen, wie wir das Gegebene mit dem in dieser problematischen Zeit Notwendingen erfolgreich verknüpfen können.
Mit freundlichen Grüßen
gez.
Petra Schwermann Wilhelm Lückel
Vorsitzende des Vorstandes Erster Vorsitzender
Deutsch-Russisches Forum e.V. Deutscher Russischlehrerverband e.V.