Juni, 2020

04Juni16:3018:00Gibt es ein totalitäres Theatermanagement? Zur Problematik der Operntheater als Kulturinstitutionen im Totalitarismus und in der KriegswirtschaftOnline-Vortrag

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Das IKT – Institut für Kulturwissenschaften und Theatergeschichte der ÖAW lädt Sie am Donnerstag, 4. Juni 2020, herzlich ein zu einer Online-Version des Jour fixe Kulturwissenschaften:

Gibt es ein totalitäres Theatermanagement?

Zur Problematik der Operntheater als Kulturinstitutionen im Totalitarismus und in der Kriegswirtschaft, 1933-1938/39-1945

Alexander Golovlev (HSE University)

Im Jänner 1922 drohte Wladimir Lenin dem Volkskommissar für Aufklärung, Anatolij Lunatscharskij, das Große Moskauer und das Petrograder „Mariinskij“ Theater zu schließen: Mitten in der groß angelegten Kampagne gegen den Analphabetismus (likbez) verschlangen die ehemaligen kaiserlichen Hoftheater um die zwei Drittel der Gesamtausgaben für Volksbildung und Kultur. Dank des unermüdlichen Lobbying Lunatscharskijs und seiner „Staatstheater“, und als Folge des Schlaganfalls Lenins, wurden die Theater gerettet. Doch die Frage der problematischen Beziehung zwischen der – wirtschaftlich durch sieben Jahre Krieg und „Kriegskommunismus“ geschwächten – „Diktatur des Proletariates“ und der eminent hochkulturell konnotierten repräsentativen Häuser des Ancien Régime blieb. Faschistische Machtübernahmen in Italien und Deutschland, sowie der Siegesmarsch der Diktaturen durch Europa, führten zu einer aktiven Instrumentalisierung der Theater, gekoppelt mit massiv steigenden Zuschüssen, die in der Kriegswirtschaft 1939-45 ungebrochen fortgesetzt wurden.

Das Betriebsmanagement eines Operntheaters von innen sah beispielsweise in Frankreich (sowohl in der demokratischen Dritten Republik als auch im Vichy-Regime), der Sowjetunion, Deutschland und Österreich (von der Ersten Republik über den Ständestaat hin zum Großdeutschen Reich) beinahe identisch aus, über ideologische und makroökonomische Grenzen hinweg. Die Diktatur erwies sich als für Operntheater profitabel, was allerdings, und meistens bereitwillig, mit Loyalität, künstlerisch-politischen Anpassungen und Säuberungen erkauft wurde. Die Hypothek der Diktatur und des Krieges schreibt sich fort in längerfristige Tendenzen europäischer (sowie „westlicher“ und globaler) Theatergeschichte, da die Zugkraft des Theaterbetriebes, wie er im 19. Jahrhundert entstanden war, die kurzfristigen Konjunkturschwankungen übertrumpft.

Termin: Donnerstag, 4. Juni 2020, 16:30-18:00

Ort: Live-Stream (via Zoom). Wir bitten Sie um eine Anmeldung per Mail an juliane.fink@oeaw.ac.at und senden Ihnen danach gerne den Zugangslink.

Termin

(Donnerstag) 16:30 - 18:00

VERANSTALTER

Institut für Kulturwissenschaften und Theatergeschichte der ÖAW

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